Es gibt fast niemand mit dem ich mich unterhalten kann


 

 

Ich hätte nie für möglich gehalten, wie schwer es ist, Menschen zu treffen, die eine höher entwickelte Spiritualität, die eine wirklich entwickelte spirituelle/philosophische Weitsicht besitzen. Menschen, bei denen eine radikale Klarsicht herrscht und mit denen ein Austausch über tiefere Fragen des Lebens befruchtend wäre.  Fast alle halten sich für mächtig spirituell, nachdem sie aber die ersten Theorien von sich gegeben haben, fühl ich mich wie ein Astrophysiker Forscher, der sich mit einem 10 jährigen Schüler über Astrophysik austauschen soll.

Das macht einsam. 

Es gibt fast keinen Menschen, mit dem nicht mich auf gleichem Level unterhalten kann. Ich muss mich immer nach unten biegen. Es macht für mich keinen Sinn, sich mit jemand zu unterhalten, der sich auf dem Level der seichten Oberflächen-Spiritualität à la Robert Betz oder Malina Seiler bewegt. 

Ich schaue die Menschen an und sehe schon aus der Entfernung, da ist keine Perle in der Muschel. 

Für mich ist es meist auf Anhieb erkennbar, ob man mit jemand über was anderes reden kann, als Nebeltheorien wie "Du musst das innere Kind entfalten" oder "Fange an dich selber zu lieben, dann lieben dich andere", oder "du kannst mit der Methode XY all deine innere Blockaden verlieren"... usw. 

Das ist für mich ähnlich spirituell, wie wenn man am Kantinentisch über "China als Herausforderung", "Elektromobilität", "Feinstaubbelastung" oder "Fußballergebnisse" redet.

Der Drei-Jährige, der dem Neun-Jährigen von den Geschenken erzählt, die ihm der Weihnachtsmann gebracht hat, ist nicht in der Lage, seine eigene tiefere Erkenntnisstufe zu erkennen. Nur umgekehrt ist das möglich. So ist es auch einem Oberflächen-Spirituellen nicht möglich, seine eigene Beschränktheit zu bemerken. Er wird sich immer am Ende der Erkenntnisstufe sehen. Das ist unsere Natur. 

Dabei habe ich festgestellt, dass es ein paar Elemente gibt, die mir sofort signalisieren, dass es hier keinen Sinn macht auch nur im Ansatz, mit der Person über tiefere Themen zu reden.  Man kann sie an ihren nach außen getragenen Lebenshaltungen erkennen, die einem signalisieren, was sie tatsächlich vom Leben verstanden haben.  Es gibt einige starke äusserliche Indizien.

Ich habe eine Liste dieser Indizien erstellt, bei der ich eine Punktzahl vergebe, für spirituelle Begrenztheit und limitierte Lebenssicht. Nehmen wir an, absolute spirituelle Tiefe wäre bei +100, dann kann man abziehen...

ist gläubig und religiös:  minus 12

ist verheiratet: minus 7 

trägt Ehering am Finger: minus 15

eigene Kinder: minus 7

hat Fotos von eigenen Kindern in Wohnung aufgehängt: minus 11

ist Reise-Fan: minus 4

hat Tattoos:  minus 8

glaubt an eine Berufung:  minus 10

Freundschaften sind ihm wichtig:  minus 6

ist Patriot:  minus 10

macht Muskelaufbautraining in Mucki Bude:   minus 8

spielt Video Games: minus 15

glaubt an Astrologie: minus 20

glaubt an Verschwörungstheorien: minus 30

 

Die Punktabzüge werden in dem Moment hinfällig, wo derjenige erkannt hat, dass er all das nur aus Verzweiflung und Anerkennungssucht tut. 


Kommentare
Yvonne Flückiger
01.04.2020
Den Artikel finde ich gut. Mir geht es oft ähnlich. Allerdings "ticke" ich die Leute nicht anhand einer List ab. Die Meisten disqualifizieren sich bei mir, dass sie auf ALLES eine vorschnelle Antwort haben. Sie scheinen alles zu wissen. Kaum Einer stellt hingegen intelligente Fragen, oder will gar mehr wissen. Jeder reproduziert nur das einmal Gehörte oder Gelesene. Keiner und Keine taucht wirklich in die Materie ein, oder will gar mehr lernen. Wozu auch, wenn "man" alles schon (besser) weiss? Da macht es dann auch keinen Sinn mehr zu diskutieren. Das sind meine Ausschlusskriterien.
Die Liste ist soweit überdenkenswert.
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Tanja  Eberle
02.04.2020
Nach ihrer Liste liegt meine spirituelle Begrenztheit und limitierte Lebenssicht bei 78 Punkten. So wie ich sie verstanden habe, werde ich eine absolut tiefe Spiritualität demzufolge nach ihrer Liste nicht erreichen können. Die Frage die sich mir dabei stellt ist die, ob trotzdem eine spirituelle Entwicklung in den nächsten Jahren bei mir oder anderen noch möglich ist oder diese gegebene Punktezahl für sie absolut ist und unveränderbar? Die zweite Frage die sich mir stellt ist die, welche Beweggründe sie genau zu diesen Indizien geführt haben. Weshalb Tattos und nicht Piercings? Weshalb Video Games und nicht ein Oldtimer Fahrer Freak? Weshalb ein Reise-Fan und nicht ein Stubenhocker?
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Matthias Pöhm
03.04.2020
Ich finde 78 Punkte gut :) Ich kenne Sie - Sie sind eine der sehr wenigen Ausnahmen, die ich kenne. Mit Ihnen kann man sich austauschen.

Ja ich hatte mal einen Oldtimer, und habe mich krankhaft damit identifiziert. "Bitte schaut mich an, was für einen tollen Geschmack ich habe". Ich habe ihn verkauft. Natürlich habe ich noch etliche andere Ich-bin-abhängig-von-Fremdwahrnehmung Elemente, aber ich erkenne sie, kann's halt nicht ändern. Und das sehe ich auch bei Ihnen.

Das Entscheidende ist nicht diese Elemente zu haben, sondern sie als Krücken zu erkennen, das macht den Unterschied.
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Tanja  Eberle
02.04.2020
Und die dritte Frage die sich mir stellt ist: Wie lange wollen sie eigentlich noch ihre Katze ertränken?
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Matthias Pöhm
03.04.2020
So lange, bis ich einen anderen Spruch finde, wo die Leute noch mehr drauf klicken...
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Tanja  Eberle
25.04.2020
Ich glaube dieser neue Spruch bringt Ihnen mehr Klicks :)
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Ulrike Kirch
03.04.2020
Hallo Herr Pöhm,
ich musste über ihre "Minuspunkteliste" herzlich lachen ! Über so eine Liste habe ich mir noch
nie Gedanken gemacht. Es wäre mir auch nicht wichtig.
Für was gäbe es denn Pluspunkte ? Das würde mich jetzt wirklich interessieren !
Mit liebem Gruß
U. Kirch
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Matthias Pöhm
04.04.2020
Die Liste hat gar nichts mit Sympathie oder Antipathie zu tun. Fast alle Menschen, mit denen ich täglich zusammen bin, sind un-spirituell.
Gute Frage, die Sie da stellen. "was gäbe denn Pluspunkte?"
Es sind keine äußeren Merkmale, sondern seine Einstellungen, die ich erst durch mit-ihm-sprechen herausfinden kann.

Wenn ich ehrlich bin, könnte ich mich auch nicht dauerhaft mit jemand nur über Spiritualität/Philosophie unterhalten - das wird sehr schnell mühsam und langweilig. Ich unterhalte mich auch gerne über den ganzen alltäglichen belanglosen Unfug, der auch für mich dosiert interessant ist. Der neueste Nachrichten, Tratsch, Weltraumforschung, Aktien, die alten Griechen, Fußball usw.

Da kommt mir jeder Mensch gelegen, der zufällig die gleiche Interessenslage hat. Es geht halt um dieses eine spezielle Thema: Lebensphilosophie, Weisheit und tiefere Erkenntnisse über das Menschsein. Über dieses Thema kann ich mit fast niemand adäquat reden.

Und bei diesem Thema kann man meist sehr schnell erkennen, bei wem es Sinn macht und bei wem nicht.
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Ulrike Kirch
04.04.2020

Text : Hallo Herr Pöhm,

ich muss immer noch über diese Liste herzlich lachen. Ehrlich, that made my day !
Allerdings habe ich auch überlegt, was mich davon Abstand nehmen lässt, mit be-
stimmten Menschen einen Austausch über Spiritualität zu suchen. Es sind die Hal-
tungen hinter bestimmten "Lebensumständen" des anderen. Also, wenn ich z. Bsp.
spüre, dass ein Mensch alles nur "abhakt" in seinem Leben.: Ehepartner, Kinder,
Kirche, Standardbilder im Wohnzimmer...… Also, wenn ich da fühle, dass dieser
Mensch das gemäß eines Modells abfährt, dann ist mir das zu unbelebt, zu materia-
listisch. (Mir fällt jetzt leider kein anderes Wort dafür ein.)
Was für mich absolut nicht geht, ist die Verbindung "gläubig plus Kirchgänger ".
Da suche ich nie einen Austausch, da meist nur ein Glaube für richtig angesehen
wird und dies dann auch absolut so vertreten wird. Hinzu kommt, dass ich da oft
nur leere, nachgeplapperte Sätze höre und nicht spüre, dass der Mensch einen Weg
damit macht.
Für mich persönlich hat Spiritualität sehr stark mit der eigenen Charakterbildung
zu tun, weshalb es mir auch leichter fällt mit Menschen über Spiritualität zu sprechen,
die sogenannte Brüche in ihrem Lebenslauf haben. Sei es ein gravierender Berufs-
wechsel, Umzüge,...…. Die Liste ist lang und muss für mich nicht negativ behaftet
sein.
Brüche im Lebenslauf gehen oft mit Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit
einher. Es muss nicht so sein, aber oft ist es so. Und wo sich der Mensch weiterent-
wickelt treten oft Fragen auf, die Spiritualität berühren und das finde ich interessant !

Ein schönes Wochenende wünsche ich allen
U. Kirch
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AliK Mustafa
03.04.2020
Ich komme auf 85 Punkte, halte mich aber nicht für besonders spirituell entwickelt, da ich doch einen immensen Leidensdruck spüre. Leiden und spirituelle Reife sind für mich unvereinbar. Die meisten Mitmenschen beschreiben mich als sehr reflektiert und in der Tat hinterfrage ich Konzepte aller Art und meine auch mir meiner eigenen Verhaltensmuster und Glaubensstrukturen weitestgehend bewusst zu sein. Das reine Erkennen von Konzepten und Fantasien sehe ich demnach nicht als spirituelle Weitsicht. So eine Art Punktesystem erinnert mich ein wenig an Tests zur Diagnose von psychischen Störungen. David Hawkins hat ja ebenfalls ein System entwickelt, welches versucht den Spirituellen Reifegrad zu bemessen. So weit ich das in Erinnerung habe, kritisierten Sie das als rein ausgedachtes Konzept und stellten in Folge seine spirituelle Weitsicht in Frage. Nun verstehe ich nicht, inwieweit Ihr System sich von Dawkins oder sonstigen Konzepten unterscheidet. Werden Sie sich langsam selbst nicht mehr treu, oder sind Sie zu neuen Erkenntnisse erlangt, welche Ihr System rechtfertigen? Für mich sind die Zahlen vollkommen willkürlich gewählt..
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Matthias Pöhm
04.04.2020
Da haben Sie Recht. Mein System ist ein völlig subjektives System. Noch subjektiver sind die Ziffern, die ich einfach aus der Luft gegriffenen habe und die zu jedem anderen Zeitpunkt höher oder niedriger ausfallen würden. Ich habe das für mich aufgestellt, ohne den Anspruch zu haben, dass das jemand anderes übernehmen kann oder sollte.

Das ist der grosse Unterschied zu David Hawkins oder den Erfindern von "Menschentypen". Die meinen mit ihrer erfundenen Vorgehensweise eine Realität (Objektivität) zu erkennen, das ist natürlich Humbug.
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Egbert W
04.04.2020
Es ist mir fast schon peinlich aber nach dieser lustigen Liste wird mir nichts abgezogen. Trotz oder vielleicht gerade deswegen, dürfte ich kein geeigneter spiritueller Gesprächspartner für sie sein. Und umgekehrt.
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Matthias Pöhm
05.04.2020
keiner weiss es...
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Tanja  Eberle
06.04.2020
weil es um NICHTS geht.
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Friederike Kasper
01.01.2021
Hallo Herr Pöhm, ich habe selten so gelacht...
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